Der Aal Stolzenburg Kommentar

Unerträgliches Gemetzel
Exodus der Aale zugunsten der Wasserkraft

Tier- und Artenschutz werden sträflich ignoriert

Von Horst Stolzenburg

Im Rhein sterben im Jahr 2010 129 Tonnen Aale (2006 waren es sogar 170 Tonnen) an den Rechen und in den Turbinen der Wasserkraftwerke bilanziert der Umsetzungsbericht zu den Aalbewirtschaftungsplänen der Länder des Institutes für Binnenfischerei Potsdam-Sacrow. Nur am Rhein!!! Das muss man sich mal vorstellen. Nimmt man jetzt mal ein Durchschnittsgewicht von 600 Gramm für Blankaale an, summiert sich das auf über 200.000 Tiere – nur beim Aal. In ganz Deutschland sind es einige tausend Tonnen und Millionen von Fischen!! 2.169 Tonnen Blankaale verendeten zwischen 2005 und 2010 elend in den Kraftwerken, rechnen die Forscher des Institutes vor. Das entspricht der Ladung von 54 40-Tonnen Lastwagen. Es gibt aber auch Meinungen von weiterer Fischereibiologen, die diese Zahl noch für untertrieben halten, so dass die Todesrate demnach deutlich höher eingeschätzt wird.
Eine grausame Vorstellung. Der volkswirtschaftliche Schaden dürfte in die Millionen gehen. Die Zahlen unterstreichen die immense Schädlichkeit dieser Anlagen für die Welt der Fische. Denn es sind ja nicht nur die Aale, die als “Gulasch” gehackt aus den Turbinen herauskommen. Andere Wanderfische wie der Lachs, die Meerforelle, die Neunaugen oder den Maifisch erwischt es genauso. Und weitere heimische Fischarten sind ebenso betroffen. Der angerichtete Schaden an der Natur, dürfte bei weitem den Wert bei dieser Form der Stromgewinnung überschreiten.
Aber gerade beim Aal ist die aktuelle Situation katastrophal. Die Bestände drohen zu kollabieren. Wer die Ressource Glasaal unter den gegebenen Umständen derartig rücksichtslos ausbeutet, verschärft die Lage zusätzlich. Mit viel Geld und ehrenamtlichen wie amtlichen Einsatz versucht man den Exodus zu verhindern. Hunderttausende von Satzaalen (Farmaale) werden bundesweit in die Flüsse gesetzt, um den Bestand zu stützen, verbunden mit der vagen Hoffnung, dass das Volk der Aale sich wieder erholt. Die Sinnhaftigkeit dieses Besatzes ist unter Experten auch nicht unumstritten. Pessimisten befürchten bereits heute, dass es für den Fisch zu spät ist.
Da ist es geradezu ein schlechter Witz, dass eben diese Aale ganz miese Aussichten haben, ihr Laichgebiet in der Karibik zu erreichen. Sie müssen ja bei ihrer Abwanderung die Kraftwerke in den Flüssen passieren, die je nach Turbinenart wahre Fischhäckselmaschinen sind. Und das endet in den meisten Fällen für sie mit dem Tod: zerquetscht oder geschreddert. Über 400 große Flusskraftwerke und über 7.000 kleine werden in Deutschland für sie zu tödlichen Fallen. Die Lebensadern für die Fische verdienen den Namen nicht mehr. Durch die vielen Staustufen, an denen die Kraftwerke liegen, werden sie in ihrem natürlichen Lauf völlig verändert. Das Ökosystem ist durch den Menschen zerstört worden.
Was für den Aal gilt, gilt auch für den Lachs. Seit Jahren versucht man den Wanderfisch im Rhein und seinen Nebenflüssen für teures Geld wieder anzusiedeln. Diese Bemühungen werden konterkariert, wenn die Jungfische bei ihrer Wanderung zum Meer in Turbinen der Wasserkraftwerke zerstückelt werden. Die Fördergelder für diese wertvollen Projekte werden so “verbrannt” zu Lasten der Allgemeinheit, die ja eben diese finanziert.
Nicht umsonst haben die Verantwortlichen des Wanderfischprogrammes in NRW deshalb Gewässer für ihre Programme ausgewählt, die barrierefrei sind und an denen nur wenige Kraftwerke liegen. Das Problem der umweltfreundlichen Nutzung der Wasserkraft lässt sich nur durch die Mithilfe der Politik und der Umsetzung von konsequentem Gewässerschutz lösen. Hier sind Konzepte gefragt, die endlich der tierquälerischen Praxis an den Kraftwerken einen Riegel vorschieben.

Seit Jahren bewegt das Schicksal der Aale die Fachwelt und der Niedergang dieser Fischart scheint nur noch eine Frage der Zeit. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle, die für den beliebten Wanderfisch existenzbedrohend sind. Klimawandel, Wasserkraftnutzung, Krankheiten, Parasiten sind nur einige Gründe, die die Bestände in den letzten Jahren dramatisch sinken ließen. Bei Fischereiverbänden, Wissenschaftlern und Fischereiverwaltungen schrillen die Alarmglocken.

Die Artikelfolge gibt einen Überblick über den derzeitigen Stand der Wissenschaft und beschreibt die Zustände an deutschen Flüssen.
Themen sind u. a.:

  • Ungewisse Zukunft für den Aal
  • Die Bestände sinken seit Jahren dramatisch
  • Besatzaktion soll den Schwund aufhalten
  • Tausende Tiere sterben in den Turbinen der Wasserkraftwerke
  • 40 Prozent der Blankaalabwanderung sollen laut EU-Verordnung gesichert werden
  • Der Rhein und seine Nebenflüsse sind besonders betroffen
  • Kleinkraftwasserwerke arbeiten nicht wirtschaftlich