Neue Wege zur Qualitätsverbesserung der Gewässer

Am 16. März 2019 trafen sich über 30 Teilnehmer zur Tagung der Naturschutzbeauftragten des Verbandes Hessischer Fischer e.V. in der Domäne Mechtildshausen.

Umgeben ist der Standort Mechtildshausen von Weiden und Feldern, deren Blühstreifen im Frühjahr und Sommer zahlreiche Insekten anlocken. Nicht nur bei den Wiesbadenern ist die Domäne ein beliebter Ort um in den verschiedenen Hofläden Lebensmittel in bester Bio-Qualität einzukaufen oder aber zu entspannen und den, besonders im Sommer blumenreichen Innenhof zu genießen.

Die eintreffenden Naturschutzbeauftragten wurden herzlich von Frau Dr. Semiramis Pyriki begrüßt. Sehr freute sie sich, dass sie in diesem Jahr als Gastreferenten, Rainer Stoodt vom Verband Deutscher Sporttaucher, Dr. Thomas Paulus von der Gemeinnützigen Fortbildungsgesellschaft für Wasserwirtschaft und Landschaftsentwicklung (GfGmbH) und Dipl.-Ing. Jens Eligehausen von der Universität Kassel mit interessanten Vorträgen begrüßen konnte.

Nach einem kurzen Überblick über den Tagungsablauf übergab Frau Dr. Pyriki das Wort an den ersten Referenten, Jens Eligehausen. Der Titel seines Vortrags lautete:

„Drohnen, Apps und interaktive Web-Karten – überflüssige Trends oder sinnvolle Werkzeuge der Gewässerbewirtschaftung“

Jens Eligehausen stellte ein studentisches Projekt vor, dass die Möglichkeiten zur nachhaltigen Gewässerentwicklung unter Einbeziehung der fischereilichen Nutzung am Beispiel eines Abschnitts der oberen Diemel untersucht und ein integratives Entwicklungskonzept erstellt hat.

Hierbei haben die Studierenden Standardmethoden zur Ermittlung des ökologischen Zustandes gemäß EU-Wasserrahmenrichtlinie (Fische, Makrozoobenthos, Makrophyten) ebenso kennengelernt, wie die Abstimmung des eigenen Gewässerentwicklungskonzeptes mit den Zielen lokaler Schutzgebietsverordnungen (Natura 2000, NSG). Die Umsetzung einzelner Maßnahmen soll Ende 2019/Anfang 2020 durch den Wasserverband erfolgen. Es konnte gezeigt werden, dass die fischereilichen Interessen und die Renaturierung von Fließgewässern bei entsprechender Vorbereitung gut vereinbar sind. Darüber hinaus konnten aktuelle Technologien und neue Trends (Apps/Drohnen) getestet werden. So wurden hochaufgelöste Luftbilder und Höhenmodelle mittels Drohnenbefliegung erzeugt und für die Gewässerbewertung genutzt. Auch wurde eine Smartphone-App entwickelt mit der nachteilige Gewässerentwicklungen, wie Zerstörung der Ufer, Müllablagerungen, Unterschreitungen der Mindestwassermenge an Wasserkraftwerken, Fischsterben etc. mit Foto, Koordinaten und Zeitstempel erfasst und zentral dem Gewässerwarteteam des Verbandes Hessischer Fischer gemeldet werden können. Jens Eligehausen wies darauf hin, dass die App gerne getestet werden kann und Verbesserungsvorschläge sehr willkommen sind. Die App soll in Zukunft die Arbeit des Verbandes unterstützen und auch jüngere Smartphone-affine Menschen an den Gewässerschutz heranführen.

Weitere Informationen hierzu finden Sie unter: www.umwelt-app.de

www.uni-kassel.de/go/portal-geodaten-gis oder eligehausen@uni-kassel.de

Im zweiten Vortrag mit dem Titel

„Tauchen für den Naturschutz –Wasserpflanzen als Indikator für Biodiversität“

referierte Rainer Stoodt vom Verband deutscher Sporttaucher über die Nutzung von Pflanzen als Indikator zur Bestimmung der Biodiversität.

Bereits auf dem Herbstseminar des Verbandes Hessischer Fischer e.V. im November 2018 war der Referent auf die Bedeutung von Wasserpflanzen eingegangen und hatte erstmals aus Tauchersicht über die Unterwasserwelt berichtet.

Neben den in Hessen weitverbreiteten Lebensraumtypen mesotrophe und eutrophe Gewässer finden sich leider auch viele Gewässer, die nur eine eingeschränkte Biodiversität aufweisen. Hier sieht Rainer Stoodt eine Kooperationsmöglichkeit zwischen Anglern und Tauchen für den Gewässerschutz.

Oft stimmen die chemischen Parameter noch, aber ein Blick unter die Wasseroberfläche kann schnell zeigen, ob das zu erwartende Arteninventar an z.B. Pflanzen oder Muscheln tatsächlich vorhanden ist oder ob es Arten gibt, die als Anzeiger für eine Störung dominieren, stellte Rainer Stoodt fest. Besonders Wühlschäden oder das Verschwinden von unterseeischen Wiesen aus Armleuchteralgen sind über der Wasseroberfläche nicht zu erkennen.

Abschließend teilte Rainer Stoodt mit, dass zu diesem Zweck der Hessische Tauchsportverband und der Verband Hessischer Fischer e.V. zu einem gemeinsamen Seminar „Gewässeruntersuchung“ am 15. August 2019 nach Niederweimar einladen.


Dr. Semiramis Pyriki dankt Rainer Stoodt für seinen interessanten Vortrag

Der Titel des dritten Vortrags am Vormittag, den Dr. Thomas Paulus hielt lautete:

„Naturnahe Bäche und Flüsse in Ortslagen – Umsetzungsempfehlungen und Beispiele“

Fließgewässer sind die Lebensadern der Landschaft. Sie prägen aber auch das Bild von Städten und Gemeinden. Im urbanen Raum müssen Fließgewässer unterschiedliche Funktionen erfüllen. Sie sollen Hochwasser schadlos abführen, sind Lebensraum für Tiere und Pflanzen und Erlebnisraum für Menschen, erläuterte Dr. Paulus. Immer mehr Städte und Gemeinden entdecken ihre Flüsse und Bäche als Bereiche zum Naturerleben, zu Entschleunigung im städtischen Umfeld, als Ort der Erholung  und als Treffpunkt für kulturelle Aktivitäten neu.

Die zunehmende Urbanisierung und der Klimawandel erfordern eine Stadt- und Dorfentwicklung, die die Wohlfahrtswirkung natürlicher Lebensraumstrukturen verbessert. Die naturnahen Bäche und Flüsse bieten dabei mit ihren begleitenden Grün- und Freiflächen eine ideale Struktur. Dr. Paulus betonte, dass neben der Erlebbarkeit und Zugänglichkeit städtischer Gewässer aber auch immer die ökologischen Mindestanforderungen bei naturnahen Gestaltungsmaßnahmen berücksichtigt werden sollten. Nur wenn die Längsdurchgängigkeit und ihre naturnahen Sohlen aus gewässertypischen Geröll-, Kies- oder Sandstrukturen wieder hergestellt werden, können die Gewässer ihre Lebensraumfunktion erfüllen.


Broschüre zum Preis von 10,00 Euro zzgl. Porto und Versand bei der GFG mbH zu beziehen

Die Broschüre wie auch der Vortrag zum Thema „Ökologische Mindestanforderungen an  Gewässer in Ortslagen“ will motivieren, den anschaulichen Beispielen aus Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg, Nordrhein Westfalen, Bayern und Thüringen zu folgen. Bäche und Flüsse können so als „blaugrüne Adern“ die Lebensqualität in bebauten Gebieten enorm erhöhen, für uns und nachfolgende Generationen, aber auch für die Natur. Abschließend wies Dr. Paulus darauf hin, dass im Kleinen wie im Großen etwas erreicht werden kann. Die vorgestellten Projekte zeigen, wie es gehen kann.

Es folgte die Mittagspause. Die Gastronomie der Domäne hatte mit einem sehr reichhaltigen Buffet bestens für das leibliche Wohl der Teilnehmer gesorgt.

Gut gestärkt wurden die Teilnehmer anschließend im Innenhof vom Gastronomieleiter der Domäne Andreas Weihmann  zu einer Hofführung empfangen. Von Herrn Weihmann gab es für die interessierten Naturschutzbeauftragten viele Informationen über die Geschichte und die Entstehung der Domäne. Die Domäne Mechtildshausen wurde 1987 vom Land Hessen durch die Wiesbadener Jugendwerkstatt GmbH, einer Ausbildungs- und Beschäftigungsgesellschaft der Stadt Wiesbaden gepachtet. Durch Beschäftigungs- und Ausbildungsmaßnahmen in verschiedenen Bereichen, wie z.B. in der Landwirtschaft und Weiterverarbeitung schuf die Landeshauptstadt Wiesbaden eine unvergleichliche Verbindung zwischen Ausbildung und Beschäftigung, ökologischen Land-und Gartenbau sowie Naturschutz und Biotopsicherung. Nach einer fünfjährigen Umstellungsphase der Produktionsweise wurde die Domäne 1992 als Bioland-Betrieb anerkannt. Der Anbau erfolgt nach biologisch-organischen Grundsätzen, das bedeutet, dass beispielsweise auf den Einsatz mineralischer Dünger verzichtet wird, wie auch auf synthetische Hilfsmittel zur Bekämpfung von Wildkräutern und Schädlingen. Neben Ackerbau, Gemüse- und Obstanbau spielt die Tierhaltung eine wichtige Rolle des Betriebes. Es werden Rinder, Schweine, Ziegen, Schafe und Geflügel gezüchtet. Während der Führung konnten wir einen Teil der Tiere besichtigen und Herr Weihmann beantwortete viele Fragen unserer Naturschutzbeauftragten.


Tagungsteilnehmer bei der Hofführung

Zum Abschluss der Tagung versammelten sich die Teilnehmer wieder im Tagungsraum. Bei Kaffee und Kuchen aus der Domänen-Konditorei wurden verschiedene Themen aus der Naturschutzarbeit diskutiert. Es war wie immer eine gelungene Veranstaltung.


v. r. n. li,:Referent für Naturschutz Rainer Hennings mit den Gastreferenten
Dr. Thomas Paulus, Rainer Stoodt und Jens Eligehausen

Die nächste Tagung der Naturschutzbeauftragten wird voraussichtlich wieder im März 2020 stattfinden.

Dr. Semiramis Pyriki
VHF-Referat Naturschutz

alle Fotos: J. Pyrikis