Der Eisvogel, ein fliegender Edelstein
Der Eisvogel ist einer unserer schönsten Vögel. Jeder Angler wird beglückt sein, wenn er ihn an einem Teich, Bach, oder Fluss zu Gesicht bekommt. Er kommt an allen unseren Gewässern als Brutvogel oder Nahrungsgast vor. Doch leider ist er auch einer unserer gefährdetsten Vogelarten. Die Begradigung von Flüssen und Bachläufen, die Verbauung von Ufern, sowie Hochwasser und kalte Winter sind Faktoren, die dem Eisvogel sehr schaden. Auch Störungen am Brutplatz sollten absolut unterbleiben. Nicht zuletzt durch menschliche Aktivitäten werden oftmals Bruten zerstört. Hält sich jemand in der Nähe der Brutwand auf, wagen es die Eisvögel nicht, in die Brutröhre zu schlüpfen. Sie fliegen zwar mit einem Fisch im Schnabel den Brutplatz an, rufen aufgeregt und drehen dann im letzten Moment ab. Wenn die Nestlinge noch klein sind, genügt eine Störung von ein bis zwei Stunden, um eine Brut zu vernichten.
Der Eisvogel ist streng geschützt nach Bundesnaturschutzgesetz, der EU Vogelschutzrichtlinie und nach der Bundesartenschutzverordnung. In der Roten Liste Hessen gilt er als gefährdet.
Der Eisvogel benötigt Gewässer mit klarem, sauberen Wasser mit Beständen verschiedener kleiner Fischarten als Nahrung, sowie sandige oder lehmige senkrechte Steilwände oder Abbruchkanten, möglichst in Gewässernähe, zur Anlage seiner Bruthöhlen. Der Vogel ist ca. 17-19 cm lang, davon der Schnabel ca. 4 cm. Seine Spannweite beträgt 24 – 26 cm, sein Gewicht ca.36 g. Er fliegt schnell knapp über das Wasser und ist oft erst durch den sehr typischen hellen und durchdringenden Ruf zu entdecken. Seine Lebenserwartung ist kurz. Rund 80% der Jungvögel kommen in der Zeit zwischen dem Verlassen der Bruthöhle und der folgenden Brutsaison um. 70% der erwachsenen Vögel sterben im Verlauf eines Jahres. Die wenigsten werden älter als 3 Jahre. Die meisten Eisvögel sterben wahrscheinlich an den Folgen der Winterkälte. Sind die Fischgründe zugefroren, sind die Energiereserven in ein bis zwei Tagen erschöpft und die Vögel verhungern. Das Jahr 2015 war ein gutes Eisvogeljahr. An der Brutwand die auf dem Bild vom 5.Oktober an der Weil zu sehen ist, hat das Eisvogelpaar mindestens 3mal, wahrscheinlich 4mal in 2 Höhlen gebrütet. Etwa am 3. Oktober sind die letzten Jungvögel ausgeflogen, ein sehr spätes Datum. Wären alle Bruten erfolgreich gewesen, so könnten dort an der Weil an dem einen Brutplatz etwa 20 Jungvögel geschlüpft sein. Die Bruthöhlen werden an lehmigen oder sandigen Steilwänden, die lotrecht oder leicht nach vorn geneigt sind, etwa 50 cm unterhalb der Grasnarbe angelegt. 1,5 bis 3m hohe Steilwände direkt am Wasser, sind besonders beliebt. Für das Graben einer Bruthöhle benötigen Eisvögel je nach Beschaffenheit des Bodens ca. 4 – 10 Tage. Die Höhle ist 40 – 90 cm lang, 8 cm hoch und leicht ansteigend. Am Ende befindet sich ein Kessel mit einem Durchmesser von 17 cm und einer Höhe von 12 cm. Meist wird die Bruthöhle Ende März fertiggestellt. Nach der Paarung werden etwa 5 – 7 weiße, ca. 4 g schwere, 22 mm lange, im Durchmesser 18 mm Eier, auf den bloßen Boden des Kessels gelegt. Bei fertigem Gelege bebrütet dann das Weibchen 19 – 21 Tage die Eier. Nach dem Schlupf werden die Jungen einige Tage gehudert. Die Brutpflege in der dämmrigen Erdhöhle erfordert besondere Verhaltensanpassungen. Es muss sicher gestellt sein, dass bei der Fütterung im Dunkeln kein Gedränge entsteht. Ein Altvogel, der einen Futterfisch bringt, hält diesen mit dem Kopf nach vorn einfach in den Brutkessel hinein. Der zuvorderst sitzende Vogel packt den Fisch und Schnabel des Altvogels, übernimmt nach kurzem Zerren die Beute und schluckt sie mit dem Kopf zuerst hinunter. Der Altvogel kriecht rückwärts aus der Brutröhre, verunreinigt dabei sein Bauchgefieder mit dem Kot der Jungvögel, der aus der Röhre herausläuft, macht am Ende der Röhre eine Rolle rückwärts und fliegt dann zum Baden ins Gewässer. Dies geschieht bei jeder Fütterung. Der Jungvogel, der gerade seinen Fisch bekommen hat, dreht sich nun mit dem Schwanz zum hellen Ausgang des Kessels, erleichtert seinen Darm und spritzt seinen dünnflüssigen Kot mit kräftigem Stahl in die Brutröhre hinunter. Die Bruthöhle bleibt dabei sauber. Danach drängelt er sich durch seine Geschwister nach hinten, während der nächste Jungvogel auf den Platz am Ausgang zur Übernahme des Futters nachrückt. So bewegen sich die Nestlinge wie ein Karussell im Kreis, was im dunklen Brutkessel eine gleichmäßige Verteilung der Nahrung sichert. Eisvogelröhren steigen stets vom Einflugloch zum Brutkessel hin um 15 bis 30 Grad an, so dass der Kot abläuft und der Kessel mit den Jungvögeln sauber bleibt. Die Röhre ähnelt bald einer stinkenden Kloake. Schließlich läuft ein verräterisches Rinnsal Kot aus der Röhre heraus und das Ufer hinunter. Für den Angler und Naturfreund ein sicheres Zeichen das die Brutröhre besetzt ist. Für Angler bedeutet das, den Bereich der Brutwand so schnell wie möglich zu verlassen, um die Brut nicht zu gefährden.
Eisvögel sind Sichtjäger. Sie müssen ihre Beute im Wasser sehen, bevor sie in der Luft rüttelnd, oder von einem Ast aus im Sturzflug Fische fangen. Der Speisezettel des Eisvogels besteht zum überwiegenden Teil aus Fischen. In geringen Umfang fängt er auch andere Wassertiere wie Libellen, Libellenlarven, Kaulquappen oder junge Frösche. 16 – 30g verdrückt der Eisvogel täglich. Nach etwa 23 – 28 Tagen nach dem Schlupf in der Bruthöhle fliegen die Jungvögel aus. Ein bis zwei Tage werden sie dann noch von den Altvögeln gefüttert und lernen das Fangen der Fische durch Tauchstöße. Danach werden sie von den Eltern laut rufend aus dem Brutrevier vertrieben. Wie schon gesagt, haben die Eisvögel an der Brutwand, die auf dem Bild zu sehen ist, drei oder vier Mal gebrütet. Beide Röhren wurden, wie durch den ausgeflossenen Kot zu sehen, noch vor kurzer Zeit genutzt. Die normale Brutzeit 21 Tage, die Nestlingszeit 28 Tage, was bei 4 Bruten 196 Tage wären. Da die Brutzeit von April bis September jedoch kürzer ist, haben sich die Altvögel etwas einfallen lassen. Sie verschachteln ihre Bruten. Das bedeutet, noch während das Weibchen das erste Gelege ausbrütet, gräbt das Männchen in der Nähe noch eine weitere Brutröhre. Sind die Jungen geschlüpft, werden sie noch einige Tage von einem Altvogel gehudert. Der andere Altvogel füttert in dieser Zeit seinen Partner und die schon geschlüpften Nestlinge mit ca. 4-5 cm langen Fischen. Ist das Hudern nicht mehr erforderlich, füttert das Männchen die Jungen alleine bis zum Ausfliegen. Das Weibchen legt in der zweiten Brutröhre noch mal bis zu 5-7 Eier und brütet sie aus. Für das Männchen bedeutet das viel Arbeit. Es muss für die bis zu 7 Jungvögel der ersten Brut und für das brütende Weibchen in der 2. Bruthöhle Fische fangen. Die Verschachtelung der Brut ist mehrmals möglich. Probleme bei der Nahrungsbeschaffung gibt es, wenn das Wasser durch starken Regen im Bach eingetrübt ist und die Beute für den Sichtjäger, nicht zu sehen ist. Der Eisvogel muss dann in oft weit entfernt liegenden Fischteichen seine Fische fangen, oder die Brut ist verloren.
Fuchs, Dachs, Marder, Iltis, Hermelin und Waschbär können schlecht platzierte Eisvogelhöhlen ausgraben. Entweder von oben, wenn der Kessel zu dicht an der Erdoberfläche liegt, oder von vorne wenn die Steilwand zu niedrig ist und nicht direkt ins Wasser abfällt. Ist die Steilwand nicht lotrecht sondern nach hinten geneigt, steigen Hermelin, Mauswiesel oder Wanderratte leicht zum Höhleneingang hoch und nehmen die Brut aus. Auch der Sperber fängt gerne Eisvögel.
Als naturverbundene Angler können wir den Eisvögeln eine wesentliche Hilfe sein. Da der Vogel eine hohe Reproduktionsrate besitzt, fehlen ihm oft geeignete Brutplätze. An unseren Bächen und Flüssen bilden sich durch Abbruchkanten Steilwände. Hat die Steilwand wegen der zu erwartenden Hochwasser eine Höhe von etwa 1,5 m, eine Breite von mindestens 2 m ist sie als Brutwand geeignet. Die Wände müssen lotrecht oder leicht nach vorne geneigt sein. Dies ist durch Abstechen leicht zu erreichen. Der Überhang von Sträuchern soll beseitigt werden. Genauso wichtig ist der Schutz bestehender Brutplätze, damit wir uns noch lange an unserem Freund Eisvogel, dem fliegenden Edelstein, erfreuen können.
Der Verband Hessischer Fischer zeigt auf den Messen und Hessentagen einen selbst entwickelten Bohrer, mit dem man dem Eisvogel durch Bohrungen Anreize bieten kann, diese als Bruthöhle anzunehmen. Man sollte sie oberhalb der Hochwasserlinie anlegen, damit eine Brut ein Hochwasser überleben kann.
Günter Wagner
Mitglied im FSV-Oberlahn
Ein wirkliches Juwel – unser Eisvogel (1)
Zeigt der Fischkopf im Schnabel nach vorne,
so hat der Eisvogel Junge (2)
Bewohnte Brutröhre. Flüssiger Kot der Jungen läuft heraus. (3)
Brutwand im Weilufer mit 2 Röhren (4)