AC 70 Roter Kater e. V. 

Der “Rote Kater” wird 50 – und lässt das Angeln nicht

Mitnichten handelt es sich bei dem Jubilar um eine hochbetagte Samtpfote mit einer Vorliebe für Flossenträger. Auch soll seine Farbe keinesfalls an eine politische Gesinnung gemahnen. Vielmehr ist dies der Name eines dem VHF und DAFV angeschlossenen nordhessischen Angelsportvereins, der in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen begeht, und dessen Mitglieder an [zuweilen auch unfreiwillig in] der Fulda („Fulle“) unterhalb der Nordhessenmetropole Kassel ihr zweites Zuhause gefunden haben.

Es war im Jahre 1970, als die Idee Gestalt annahm, und eine kleine eingeschworene Gemeinschaft von Petrijüngern um den Konditor- und Fischereimeister, Hotelier, späteren Leistungsträger und langjährigen 1. Vorsitzenden unseres Vereins, Wilhelm [„Willi“] Frosch, den Entschluss fassten, einen Angelverein – nein, einen Angel-Club zu gründen. Ausschlaggebend hierfür war jedoch nicht etwa eine vorherrschend elitäre Bewusstseinslage. Damit sollte schlicht dem hohen Anspruch Ausdruck verliehen werden, mit dem man die Passion, Fische mit der Angel zu überlisten, gemeinsam ausüben und weiterentwickeln wollte.

Ein Name war schnell gefunden. Erinnerte das vor den Toren Kassels am „Fullestrand“ gelegene und von der Familie Frosch bereits in der vierten Generation betriebene Hotel und Restaurant mit seinem Namen doch an ein liebgewordenes vierpfotiges Familienmitglied, welches nun auch für den Vereinsnamen Pate stand. – Der „Angel-Club 1970 Roter Kater e. V.“ war geboren.

Vereint unter diesem tierischen Namen ging und geht es der vergleichsweise kleinen Vereinsfamilie bis heute zuvorderst um eine Vertiefung der Kenntnisse rund um das Leben im und am Wasser, der ökologischen Zusammenhänge und Abhängigkeiten, einhergehend mit einer stetigen Verfeinerung der Methoden und Fertigkeiten. Wenn auch nicht für alle und zu jeder Zeit, so war und ist auch das Leistungsprinzip für nicht wenige der „Motor“ und ein tragendes Leitmotiv. Viele der hervorragenden Produkte der modernen High-Tech-Angelgeräteindustrie unterstützen uns heute in diesem Bemühen. – Bis dahin haben die reiferen Kameraden unter uns einen langen Weg, teilweise noch vom Bambus herkommend [ein wunderbares Gewächs, nicht nur im „Chop-suey“], bis hin zur Kohlefaser, mit viel Spaß und wachsender Begeisterung zurückgelegt. Natürlich gab es auch in unserer Vereinsgeschichte Höhen und Tiefen; alles in allem war es jedoch eine schöne Zeit, die Lust auf mehr macht.

In der gleichen Zeit hat unser Hausgewässer, die Fulda, welches selbstverständlich das Gewässer unserer Herzen ist, leider keine so kontinuierlich positive Entwicklung erfahren. Seit dem Herbst 1981 wurde aus dem uns von der Fischereigenossenschaft Hannoversch Münden anvertrauten und bis dahin noch relativ naturnahen Abschnitt der Fulda, die dort Bundeswasserstraße ist, ein begradigter Stauanschlussbereich mit beidseitig durch Grauwacke-Schüttungen befestigten Ufern. – Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes hatte eine seit den späten 70-er Jahren im Bau befindliche Staustufe mit integriertem Laufwasserkraftwerk sowie einer vollautomatisierten Schleuse in Betrieb genommen. Worauf man beim Bau dieses imposanten Querbauwerks bedauerlicherweise jedoch gänzlich verzichtet hatte, waren Einrichtungen zum Fischauf- und -abstieg. Darauf warten wir – ganz besonders aber die Fische – bis zum heutigen Tage.

Nicht nur insofern sind die Ziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie also auch die unsrigen. Der an dieser Stelle bestehende Handlungsbedarf wird ebenso durch § 34 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) untermauert, der nicht erst seit gestern die Wiederherstellung der Durchgängigkeit von verbauten Fließgewässern fordert. Solange es diese nicht gibt, sind bei fast stetig stattfindender Wasserkraftnutzung – insbesondere im Hinblick auf unsere [mutmaßlich] aus der Sargassosee stammenden Gewässerbewohner – auch an den Fischschutz (§ 35 WHG i. V. m. § 35 Abs. 1 HFischG) erhöhte Anforderungen zu stellen.

Es ist jedoch vor allem der Querverbau der Fulda an dieser Stelle, der dem guten ökologischen Zustand des Gewässers in seinem Unterlauf, vor allem im Staubereich, seither und wohl noch bis auf weiteres hauptsächlich entgegensteht. – Tröstlich für uns alle: Es gibt einen Maßnahmenplan der Bundeswasserstraßenverwaltung, der die Wiederherstellung der aquatischen Längsdurchgängigkeit der Fulda an diesem Querbauwerk zum Ende des gerade eben erst frisch angebrochenen Jahrzehnts vorsieht. Und dann sind da ja auch noch die hehren Ziele des „Blauen Bandes“! Hoffen wir das Beste und richten indessen den Blick versöhnlich auf die Verantwortlichen – also auch uns selbst.


Die Staustufe bei Wahnhausen
Foto: F. Simon

Das Ziel, das sich auch unser Verein mit seiner Satzung gesteckt hat, nämlich die Liebe zur Natur sowie das Interesse und die Begeisterung für den Angelsport zu wecken, zu vertiefen, zu erhalten und zu teilen, und die Hege und Pflege des in jeder Hinsicht lebensspendenden Gewässers, „Diesen Hort zu schützen …“, ist in unseren Tagen leider umstrittener denn je. Viele Zeitgenossinnen und -genossen halten uns vor, Naturschutz nur vorgeblich und zum Selbstzweck zu betreiben, und bei den Tierschützenden stehen wir auch schon seit geraumer Zeit unter Dauerbeobachtung, weil wir eben nicht nur Naturschützende sondern auch Naturnutzende sind.

Es gab einmal eine Zeit, in der die Menschen bemüht waren, im Nächsten verbindende Elemente und damit auch Teile ihrer selbst zu finden. Heute gibt es mehr Menschen, demgegenüber aber leider nicht unbedingt mehr gegenseitiges Verständnis. – Wir haben uns unsere Passion nicht ausgesucht, sondern diese hat uns gefunden. Solange wir der Kreatur, die uns anvertraut ist, mit Liebe und Respekt begegnen und ihr Waidgerechtigkeit wiederfahren lassen, sollten wir dieser daher auch weiterhin aufrecht nachgehen dürfen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit – oder? Wir sind deswegen keine Naturschützenden zweiter Klasse. Keinesfalls dürfen wir uns klein machen oder gar verstecken, denn niemand kennt unsere Gewässer, deren Bewohner und ihre jeweiligen Bedürfnisse besser als wir, und nur was man wirklich kennt und liebt, kann man auch wirksam schützen. – Wir wären also ganz sicher nicht die schlechtesten Verbündeten!

Der AC ‘70 Roter Kater e. V. bedankt sich sehr herzlich für die Möglichkeit, sich an dieser Stelle einmal zu Wort gemeldet haben zu dürfen und entbietet allen Mitangelnden – mögen es nun falkenäugige Stipper, hochsensible Feeder-Angler, überzeugte und insektenkundige Fliegenfischer, gemütliche Karpfenangler, trickreiche Spinnfischer, kampfstarke Welsjäger, Big Gamer oder wer auch immer sein [wir verstehen uns!] – sowie allen Schwestervereinen im VHF seinen freundschaftlichen Gruß, verbunden mit einem dreifachkräftigen „Petri Heil“!

Frank Simon

AC 70 Roter Kater e. V.