Living-Lahn-Projekt

Schleuseninsel Fürfurt schützenswert

An der Lahn soll ein Projekt umgesetzt werden, welches einerseits auf einen EU-LIFE Projekt “Living Rivers“ und auf dem erst 2017 im Bundestag verabschiedeten Projekt „Blaues Band Deutschland“ basiert und nur einzig allein den Zweck der Nutzung durch Schifffahrt, Wasserkraft und verstärkten Tourismus verfolgt. Was hier vorgestellt wird, ist ein Einzelprojekt, welches etwa 51 km oberhalb der Lahnmündung in Lahnstein umgesetzt werden soll. Ziel ist, alle bisherigen Nutzungen weiter zu erhalten und die „Prioritären Ziele“ der EU-Wasserrahmenrichtlinie wie Herstellung der „Guten Wasserqualität“, der „Durchgängigkeit“ und der „guten Struktur“ auszuhebeln. Wie es auch in dem kritischen Positionspapier des NABU „Kritik zur Strategie zur Entwicklung eines Lahnkonzepts/LiLa-Lahn“ treffend beschrieben wird.  Das „Blaue Band Deutschland“ wurde von Lobbyisten der Schifffahrt und der Wasserkraft in den Bundestag eingebracht und genau aus den bereits genannten Gründen im Parlament verabschiedet! Hier wird EU-Recht und in Deutschland ratifiziertes Recht zur Umsetzung der EU-WRRL untergraben!

Im Originaltext der Wasser und Schifffahrtsverwaltung Koblenz, welche das Projekt aufgegriffen hat und die Umsetzung forciert heißt es:
„Ökologische Aufwertung der Schleuseninsel Fürfurt an der Lahn und Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit“ – so heißt das Maßnahme-Projekt, das auf der Fürfurter Schleuseninsel und an den Wehren in der Lahn umgesetzt werden soll: „Durch die morphologische Umgestaltung von Teilbereichen der Schleuseninsel und angrenzender Flächen sowie den Umbau der beiden vorhandenen (?) Fischpässen soll die Staustufe Fürfurt ökologisch aufgewertet, die Wiederherstellung der linearen Durchgängigkeit erreicht und die Biotop- und Artenvielfalt in und an der Lahn verbessert werden.

Neben der Schleuseninsel sollen auch angrenzende Uferbereiche und ausgewählte Vorlandflächen in die Maßnahme einbezogen werden.
Konkrete Ziele sind u.a.:

  • Förderung einer standorttypischen Vegetation durch Ersatz/Austausch von evtl. standortfremden Gehölzen
  • Erhalt, Sicherung und Schaffung von unbefestigten Uferabschnitten
  • Reduzierung der Störungen der Avifauna im Insel- und Uferbereich
  • Bessere Integration der Schifffahrtsanlagen (Nutzung Wassertourismus) in die Landschaft
  • Überführung von intensiv genutztem Acker- und Grünland in extensiv genutztes Grünland (Grunderwerb von Vorlandflächen unterstromig, soweit erforderlich und möglich)

Hierzu sind zunächst eine umfangreiche Bestandsanalyse und intensive Vorabstimmungen durchzuführen, um weitere Planungen zu ermöglichen.

Kommentar zu dem Vorhaben an der Lahn:
Das hört sich zwar alles recht gut an, doch es ist leider teurer und vor allem nicht notwendig!

  • Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit
    Es wird beschrieben, dass es 2 Fischpässe an den Wehren gibt. Tatsache ist, dass es lediglich ein alten nicht funktionierenden Fischpass am oberen Wehr, rechte Seite gibt.
    Dem WSA in Koblenz, welches die Federführung im LiLa-Lahn-Projekt hat und die „Aufwertung“ auch beantragt hat, ist natürlich nicht bekannt, das Fischaufstiegsanlagen nicht oder nur sehr eingeschränkt funktionieren. Die auf- und abwärts gerichtete Durchgängigkeit, wie sie die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) will, ist mit Fischaufstiegsanlagen nicht allein zu realisieren.
  • Wozu muss die Schleuseninsel am Vereinsheim des FSV-Oberlahn umgestaltet, renaturiert und von standortfremden Gehölzen befreit werden?
    Tatsächlich wird diese Insel überhaupt nicht genutzt, ist völlig natürlich und hat keine standortfremde Gehölze! Sie bietet jetzt schon eine hohe Biodiversität an Pflanzen- und Insektenvorkommen und ist aus naturfachlicher Sicht nicht verbesserungsfähig!
  • Warum sollen unbefestigte Uferabschnitte geschaffen werden, da es vor Ort doch befestigte gar nicht gibt?
  • Welche Avifauna soll gestört werden und von wem? Niemand stört hier irgendwas! Die Insel wird von niemand betreten!
  • Was heißt bessere Integration von Schifffahrtsanlagen – gemeint ist hier wohl die Schleuse vor dem Vereinsheim des FSV Oberlahn. Soll die Schleuse für die Schifffahrt verbreitert werden?  Oder soll der Trampel-Pfad zum Umtragen von Kanus ausgebaut werden?
  • Intensiv genutzte Ackerflächen, wo sollen diese sein? Flussauf, Flussab rundherum nur extensiv genutztes Grünland.

Offenbar haben die Planer noch keine Ortsbegehung gemacht, sonst wären solche Zielformulierungen wie oben nie zu Papier gebracht worden.

Scheinbar handelt es sich bei dieser angedachten Maßnahme um blinden Aktionismus um den Geldfluss aus EU-Mitteln aufrecht zu erhalten.
Warum wohl hat die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung dieses LIFE-Projekt in Brüssel beantragt?
Die Antwort könnte sein: An diesem Amt hängen etwa 60 Arbeitsplätze, die bei Auflösung der Dienststelle (bei Entwidmung der Lahn als Bundeswasserstraße, das war schon mal angedacht) verloren wären. Um dem vorzubeugen beantragt man ein solches Projekt, im Verbund mit anderen Gewässernutzern, wie die gewerbliche Schifffahrt (die es an der Lahn nur noch in 2 oder 3 Ausflugsschiffen gibt), Motorboot- und Yacht-Schifffahrt und deren Verbände, gewerbliche Kanu-Verleiher, Wasserkraftbetreibern, weil sie die Wehre noch unbedingt benötigen. Daneben gibt es natürlich noch die Touristik-Verbände, die Landkreise und Kommunen und natürlich die lokalen Politiker, die das Projekt, mangels Wissen über Gewässerökologie, mittragen wollen. Das Ziel ist eindeutig auf Freizeitnutzung ausgerichtet und sorgt dafür, dass an der Lahn die EU-WRRL nicht umgesetzt wird, sondern alles so bleibt wie es derzeit ist! Das Verschlechterungsverbot der WRRL oder gar das Verbesserungsgebot wird nicht erwähnt.
Das ganze „Li-La-LAHN-Projekt kostet die EU, die Länder Hessen und Rheinland Pfalz insgesamt 17 Millionen Euro. Erst im Jahre 2026 soll in einer „Lahndeklaration“ das Ergebnis verkündet werden, während die EU-WRRL bis spätestens 22.12.2015 hätte umgesetzt sein sollen (mittlerweile bis 2027 weil die Länder ihren eigenen Vorgaben nicht folgen)!
Passiert ist bisher leider nichts, wie auch wenn die zuständigen EU-Kommissare ständig ausgewechselt werden und der Wissensdefizit über die Vorgänge in den Ländern immer größer wird.

Tatsache ist, dass wir zusammen mit anderen anerkannten Naturschutzverbänden eine Beschwerde in Brüssel eingereicht haben. Denn dieses Projekt „LiLa – Lahn ist überflüssig, wenn man die Broschüren der Hessischen Landesregierung ernst nimmt. In den Broschüren „Biodiversitätsbericht Hessen 2014“, „Alle in einem Boot“, „Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie in hessischen Kommunen“, „Faktenpapier Wasserkraft in Hessen“ sowie „Hessische Biodiversitätsstrategie“ u.a. wird detailliert auf die Erhaltung der biologischen Vielfalt an unseren Fließgewässern mit geplanten Maßnahmen und Zielsetzungen argumentiert. Wenn diese dort erarbeiteten Vorgaben nur zur Hälfte Beachtung finden würden, bräuchte es keine extra teueren Projekte, sondern unsere Forderung nach schneller und konsequenter Umsetzung der EU-WRRL auch an der Lahn könnten positiv abgearbeitet werden!

Winfried Klein
VHF-Referent Öffentlichkeitsarbeit